Harmonisch geht anders
Unmut in der Gemeindevertretung. Wiederholt kritisierten Abgeordnete den Bürgermeister
Das Problem ist gewiss nicht einfach anzupacken und erst recht nicht zu lösen. Seit Jahren werden vor allem durch die Lehrer und Elternvertreter Raumprobleme in der Leegebrucher Schule angemahnt. Mehrere Beratungen zwischen den zuständigen Parteien fanden statt, doch das vermeintliche Problem bleibt ungelöst.
Abgeordnete, vor allem von CDU (Hinze) und Linke (Siebert), machten ihren Unmut über das Agieren des Bürgermeisters nun in den letzten beiden Sitzungen der Gemeindevertretung recht deutlich Luft. Sie forderten vom Bürgermeister, als Entscheidungsgrundlage endlich fundiertes Zahlenmaterial und Konzepte zur Entwicklung der Schule vorzulegen, statt vor der Öffentlichkeit den Schuldigen bei der Gemeindevertretung zu suchen, die auf der letzten Sozialausschusssitzung keine Entscheidung getroffen habe. Empörung bei den Abgeordneten rief ebenfalls die Bemerkung des Bürgermeisters hervor, die Abgeordneten hätten einen Investitionsvorschlag des Bürgermeisters für den Haushalt 2013 verhindert. Eine Bemerkung die durchaus erklärungsbedürftig ist.
Gemeint war der (inoffizielle) Haushaltsentwurf der Verwaltung, der vor der offiziellen Einbringung ins parlamentarische Verfahren mit den Fraktionsvorsitzenden beraten wurde. Das war im Herbst letzten Jahres. Auf jener Sitzung kam es zum Eklat, nach dem die Abgeordneten zum ersten Mal von dem Ersatzneubau für das Westgebäude (1,8 Millionen Euro) überhaupt hörten und lasen. Vorher wurde dieses konkrete Vorhaben nicht in den Gremien angesprochen. Auf Nachfragen der Abgeordneten räumte der Bürgermeister in der Sitzung damals ein, dass der Vorschlag nur unzureichend in der Verwaltung abgestimmt wäre und diese Investition eigentlich dem wirklichen Bedarf nicht gerecht werde. Wut kochte damals bei den Fraktionsvorsitzenden vor allem hoch, weil über so ein umfangreiches und wichtiges Vorhaben vorher nicht gesprochen wurde und Details dazu bis auf den Eintrag im Haushaltsentwurf bis dato nicht bekannt waren. (Interessant dabei ist auch die zeitliche Nähe zur Debatte und den vorbereitenden Beschlüssen der Gemeindevertretung zum Thema Bürgerhaus/Mehrzweckhalle.) Angesichts der nichterfolgten aber notwendigen inhaltlichen Debatte zur Schulraumproblematik und dem Investitionsvorschlag sowie dem engen Zeitplan bis zur Beschlussfassung des Haushaltes 2013 (Dezember) empfahlen die Fraktionsvorsitzenden dem Bürgermeister dringend, den Haushaltsentwurf ohne die 1,8-Millionen-Euro-Investition offiziell einzubringen, denn spätestens in den Ausschüssen und in der Gemeindevertretung sei eine heftige öffentliche Kritik und ein Streichen der Position zu erwarten. So wurde der Haushalt ohne diese Position beschlossen.
Auf der April-Sitzung der Vertretung stellte der Bürgermeister mündlich zwei Ideen vor, mit denen „eine Verbesserung der Bedingungen für die Schule und den Hort erreicht werden kann“ (Protokoll der Sitzung vom 4. April). Zum einen könnte ein Kita-Neubau (100 Plätze für 0–6-jährige), zum anderen ein Hortneubau den jetzigen „Hort in der Schule“ ersetzen und die dortigen Räume wieder für die Schule verfügbar machen. Schriftlich wurden die Vorstellungen seinerzeit nicht festgehalten, so dass sich die Abgeordneten derzeit nur anhand der spärlichen Aussagen im Sitzungsprotokoll eine Meinung bilden können. Insbesondere blieben Aussagen zum künftigen Bedarf an Kita/Hort-Plätzen sehr wage. Beispielsweise fehlten Zahlen zu möglichen Szenarien der Kinderentwicklung hinsichtlich einer weiteren Entwicklung der Baugebiete in Leegebruch. Natürlich kann man die weitere Bautätigkeit derzeit nicht sicher voraussagen, aber Modellrechnungen sollten dennoch machbar sein. Widersprüchlich blieben die Begründungen des Bürgermeisters ohnehin, denn in seinen Ausführungen bejahte und verneinte er einen steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen und Schulräumen zugleich („Die grundsätzliche Anzahl der Räume der Schule ist zurzeit ausreichend.“ „… für die nächsten Jahre muss eher mit einer Zweizügigkeit berechnet werden“).
Auch die Sitzung des Sozialausschusses am 25. April brachte offenbar keine wesentlich neuen Erkenntnisse für die Abgeordneten. Bürgermeister Peter Müller erläuterte auch da seine zwei Varianten, blieb aber Datenmaterial und niedergeschriebene Entscheidungsgrundlagen schuldig. In der GV-Sitzung am 25. Mai kritisierte er dann, dass es im Ausschuss einen Monat zuvor zu keiner Entscheidung kam. In der Sache unbefriedigt blieben die Abgeordneten dann auch am 25. Mai nach der jüngsten Gemeindevertretertagung zurück.
Ob der Forderung nach einer schlüssigen Bedarfsanalyse für zusätzliche (langfristige) Hort/Kita-Kapazitäten seitens des Bürgermeisters nachgekommen wird, bleibt abzuwarten. Am Raumproblem der Schule wird sich – agieren Bürgermeister und Vertretung weiter wie bisher – wohl kaum etwas ändern. Das eine Investitionsentscheidung dieser Größenordnung jedoch einer fundierten Bedarfsanalyse und Planung bedarf, sollte ebenso außer Frage stehen.
Um die Situation in der Schule kurzfristig zu entspannen, sollen in diesem oder nächsten Jahr kleinere Maßnahmen am Lehrer- und am Konferenzzimmer durchgeführt werden. Im nächsten Jahr muss zwingend in die Elektroanlage der Schule investiert werden, weil die teilweise bereits noch aus der Zeit der erstmaligen Errichtung der Schule stammt. Für diese notwendige Maßnahme wurde bereits eine Summe von ca. 250 000 Euro angekündigt.
Doch nicht allein die Schule sorgt für Unmut zwischen Vertretung und Verwaltung. Die neue Friedhofsatzung liegt seit vielen Monaten in der Verwaltung und wartet auf eine abschließende juristische Prüfung. Der Grund liegt an fehlenden Zeit- und personellen Kapazitäten. Vom Linken-Abgeordneten Giso Siebert wurde deshalb angeregt, in diesem Falle die Möglichkeit einer externen juristischen Bewertung des Satzungsentwurfs in Erwägung zu ziehen, damit die neue Satzung baldmöglichst in Kraft gesetzt werden kann. Mit der neuen Satzung wollen die Abgeordneten die häufig so genannte „amerikanische Bestattung“ ermöglichen. Bei dieser befindet sich das Erdgrab auf der grünen Wiese. Eine kleine Gedenktafel am Bestattungsort macht den Unterschied zur anonymen Beisetzung aus. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger wünschen sich mittlerweile eine solche Bestattungsform, die für die Hinterbliebenen erheblich weniger Pflegeaufwand aber dennoch einen konkreten Ort des Abschieds bedeutet.
Mehrmals hatten die Abgeordneten in den letzten Sitzungen diesbezüglich nachgefragt. Zu einer verwaltungsinternen Entscheidung darüber kam es jedoch nicht. Die Gemeindevertreter befürchten, dass die Satzungsänderung womöglich noch weitere Monate, wenn nicht sogar Jahre liegen bleibt.
Giso Siebert